Wie ich immer wieder feststellen muss, wollen nach wie vor die meisten nicht wahrhaben, was auf uns zukommt. Zu einem gewissen Masse ist dies nachvollziehbar, schliesslich gibt es hierzulande kaum spürbare Auswirkungen. Eine Bloggerin veröffentlichte neulich ein Mail ihrer Schwester, die in Spanien lebt und die Entwicklung hautnah miterlebt. Was sie hier schreibt, ist sehr erschreckend und kann in absehbarer Zeit auch hierzulande Realität werden. Nun aber möchte ich Euch die Mail von Yasmin aus Parets del Valles (Barcelona) nicht weiter vorenthalten:
"In Deutschland fand ich es spannend wenn eine Krise kam. Endlich passiert hier mal was. Vielleicht ein bisschen Veränderung, Spannung, Erschütterung unserer Sicherheit.
Aber es kam keine Krise in Deutschland.
Die Krise gab es nur für die Anderen. Und Menschen, die ich vorher namentlich nicht einmal kannte wurden aus ihrem Posten gekickt und irgendwas passierte mit dem DAX. Von uns betraf das niemanden. Im Hotel Marriott am Potsdamer Platz in dem ich damals arbeitete fiel kurz der Umsatz ein, aber nach einem Monat war es das auch schon. Ich dachte, dass das eben so eine Krise ist. Eine Krise die mich sogar so krass trifft, dass ich Minusstunden auf Arbeit sammle, da mal einen Monat nicht soviel los ist im Hotel. Ganz schön hart. Soviel wie man eben von einer Krise am eigenen Leib mitkriegen kann. Ich dachte das wäre normal.
Die Krise gab es nur für die Anderen. Und Menschen, die ich vorher namentlich nicht einmal kannte wurden aus ihrem Posten gekickt und irgendwas passierte mit dem DAX. Von uns betraf das niemanden. Im Hotel Marriott am Potsdamer Platz in dem ich damals arbeitete fiel kurz der Umsatz ein, aber nach einem Monat war es das auch schon. Ich dachte, dass das eben so eine Krise ist. Eine Krise die mich sogar so krass trifft, dass ich Minusstunden auf Arbeit sammle, da mal einen Monat nicht soviel los ist im Hotel. Ganz schön hart. Soviel wie man eben von einer Krise am eigenen Leib mitkriegen kann. Ich dachte das wäre normal.
Aber das stimmt nicht. Ich lebe seit bald drei Jahren in Spanien in der Nähe von Barcelona und das hier hab ich noch nie erlebt. Hier ist Sie in uns, um uns herum, in meiner Arbeit, in unseren Freunden, im Flugverkehr, in der Miete, in der Autobahn, im Taxifahrer, im Gemüsehändler, in der kleinen Installationsfirma von meinem Freund, in der Bildung, im Gesundheitswesen, in meinem Mitbewohner, in meiner Bank, in den Restaurants und Bars, im Fernsehen, Radio, Zeitung, im Einkaufszentrum. Sie ist einfach überall.
Ausser im Fussball.
Hier ist sie, die Krise, die ich in Deutschland nie zu Gesicht bekommen habe. Aber jetzt schreibe ich euch, damit es euch nicht so ergeht wie mir in Deutschland damals, als ich dachte, dass das schon alles wäre. Damit ihr keine Ausrede habt so wie ich sie hatte.
Mich hörte es auf zu interessieren als es mich nicht betraf. Vor einigen Tagen schrieb ich eine Mail an mehrere Freunde in der ich genau den Zustand hier schilderte mit der Frage ob sich überhaupt jemand dafür interessiert. Und das Feedback kam prompt: Nämlich bis auf eine Antwort gar nicht.
Während ich in Deutschland nicht genug Veränderung sehen konnte kann ich mich hier kaum noch retten. Hier hört man jeden Tag von einer Firma oder Jemandem der Pleite geht. Von Freunden oder Bekannten. Oder man sieht es. Fährt man durch Barcelona und ist nicht gerade auf der La Rambla sieht man an jedem zweiten Gebäude ein „Zu Verkaufen“-Schild hängen. Vorher war das nicht so. Vorher gab es kaum freien Wohnraum.
In Parets del Valles – das Dorf, in dem ich arbeite und zwei Jahre gewohnt habe – gibt es zwei ganz tolle, teure Restaurants: Can Romeu und La Salud. Wenn Kunden von meiner Firma zu Besuch kommen werden die immer dorthin ausgeführt. Das geht nicht mehr. Beide Restaurants tätigen gerade ihren letzten Atemzug. In beiden Restaurants, wo vorher 10 Kellner um die Mittagszeit gearbeitet haben, arbeitet nur noch einer. Meistens derjenige, der schon am längsten dabei ist, weil er am Teuersten zu kündigen ist.
So ein Quatsch oder? Hier in Spanien muss der Arbeitgeber die für jedes Jahr das du gearbeitet hast 50 Tage auszahlen, wenn du gekündigt wirst. Das wären bei meinem Gehalt 2000 € für jedes Jahr.
In Parets hat ein kleiner Elektroladen zugemacht. Nicht genug Umsatz. Die andere Filialie im Dorf Mollet blieb offfen. Dort saßen dann beide Mitarbeiter. Der aus dem Laden in Parets und der aus dem in Mollet. Und auf die Frage hin, was der aus Parets dort machen würde sagte er, dass seine Firma es sich nicht leisten konnte ihn zu kündigen. Der Hammer, oder? Da gehst du schon Pleite und vor lauter Pleite kannst du nicht mal ordentlich Pleite gehen.
So arbeiten viele alte Leute weiter vor sich hin und die jüngeren, dynamischeren mit neuerem Wissen werden gekündigt. Einfach weil sie noch nicht so lange da sind.
Gestern war eine kleine Demo in Parets im Industriegebiet und die Demonstrierenden haben versucht, eine Fabrik anzuzünden. Jemand in Parets hat 27 Autos in einem Monat angzündet, weil seine beiden Bars geschlossen wurden. Zur Rush Hour war auf der Autobahn nach Barcelona früher immer Stau. Jetzt gibt es keine Rush Hour mehr.
Pimkie macht zu. Schlecker macht zu. Die 2 besten Restaurants von Parets machen zu. Die kleinen Supermärkte wie Sorli Discount werden sich auch nicht mehr lange halten können. Ein Rieseneinkaufszentrum wurde in Parets gebaut. Das Projekt fing schon vor einigen Jahren an. Jetzt wurde das Einkaufszentrum eröffnet und nur ein einziger Supermarkt ist da drin. Der Rest der Riesenfläche ist leer.
Mein Freund Tim und sein Kollege Phillip haben eine kleine Firma für Installationen von regenerativen Energiesystemen. Vor 4 Jahren gründeten sie Ihre Firma. Kurze Zeit später kam die erste Krise. Ich weiß noch sehr genau, dass Tim jeden Tag daran dachte aufzuhören und aufzugeben. Phillip dürfte es nicht anders ergangen sein. Um die kleine Firma zu retten konnten sie sich irgendwann selber kein Gehalt mehr zahlen. Tim verkaufte sein Auto, fuhr mit der Bahn eine, manchmal zwei Stunden zu Baustellen. Als er sich das Bahnticket nicht mehr leisten konnte gab ihm sein Auftraggeber ein Fahrrad und er fuhr jeden Tag drei Stunden zur Arbeit, arbeitete zwölf Stunden und fuhr wieder drei Stunden zurück. Was es an Willen, Mut und Hoffnung gekostet haben muss ist schwer nachvollziehbar. Etwas was viele Firmen nicht gehabt haben. Deshalb gab es nach jener Krise kaum mehr solche Firmen wie die von Tim und Phillip.
Die kleine Firma wuchs endlich und dieses Jahr konnten sie sogar 2 Mitarbeiter einstellen: Pepe und Jose. Aber das ist jetzt auch wieder vorbei. Pepe und Jose werden noch bis Ende Juni eingestellt sein. Danach sind sie finanziell nicht mehr haltbar und müssen auf die Straße gesetzt werden. Pepes Freundin Marie arbeitete als Designerin bei Pimkie. Vor kurzem wurde sie gekündigt. Beide sind jetzt arbeitslos. Ganz plötzlich. Und haben einen einjährigen Sohn. Wahrscheinlich wandern sie aus, nach Frankreich zu Maries Familie.Und Tim und Phillip suchen händeringend nach Arbeit. In Deutschland und Spanien. Ein Grund weshalb ich meinen Freund in letzter Zeit nicht sehen kann. Er ist in Deutschland und arbeitet.
Tim, Philipp und ich wohnen weiterhin zusammen in einem Haus. Das war nicht der Plan. Aber aus Angst vor finanziellen Nöten teilen wir uns lieber die eh schon billige Miete für ein Haus, was mindestens das Doppelte an Miete Wert ist.Aber die Besitzerin hat auch eine Hypothek zu bezahlen. Und da sie diese momentan nicht alleine bezahlen kann vermietet sie ihr eigenes Haus und wohnt wieder bei ihrer Mutter.
Vielleicht geht es diesmal nicht weiter für Tims Firma. Der einzige Wermutstropfen ist, dass es allen kleinen Firmen gleich geht. Die Einzigen, die nichts verlieren sind die Reichen. Und während alle ärmer werden geht der König auch noch auf Elefantenjagd.
Und manchmal hab ich das Gefühl, dass die Leute hier ihr eigene Revolution vor lauter Fußball verpennen. Wie kann man es nur hinnehmen wenn ein Fußballverein dem Staat Milliarden schuldet und diese dem Verein erlassen werden. Einfach so. Während die eigene Firma bankrott gehen muss.
Die Krise ist einfach überall. Auch auf meiner Arbeit. Um als Firma aufträge bearbeiten zu können musst du Material kaufen. Wenn alle jetzt Angst haben, dass wir als Firma diese Rechnung nicht bezahlen könnten wollen natürlich alle Anbieter das Geld im Voraus haben. Dafür müsste man als Firma einen Kredit aufnehmen. Aber Kredite gibt es nicht mehr. Also kann man den Auftrag nicht annehmen. Ein Teufelskreis und sowas kann selbst eine große Firma wie meine auch mal ganz schnell ausradieren. Alle Zeitarbeiter sind schon gekündigt worden und alle die unter einem Jahr dabei sind.
Viele unserer Märkte z.b. in arabischen oder asiatischen Ländern benutzen Kreditbriefe als Zahlungsmittel. Ohne Kreditbrief geht gar nichts. Aber auch solche Kreditbriefe sind nicht mehr leicht zu bekommen. Und so stirbt der Markt in diesen Regionen für meine Firma.
Es gibt Massenentlassungen im Medienbereich, und das von den Bergbauleuten habt ihr ja auch sicher mitbekommen. Einfach alle Kohlemienen sofort schließen. 8000 Menschen auf die Straße setzen, weil Angie das so gesagt hat. Zack. Und 8000 sind plötzlich arbeitslos. Die Leute sind so verzweifelt und haben nichts mehr. Ihrer Wut lassen sie in Kämpfen und Schlägereien mit der Polizei Luft. Verbarrikadieren Autobahnzufahrten mit brennenden LKWs. Hier ein Video dazu:
Ich finde nur keine deutschen Videos dazu….
Merkel ist ja zurzeit die beliebteste Politikerin Deutschlands. Irgendjemand muss das ja befürworten. Deutschland kauft alle Banken auf und wem das Geld gehört, dem gehört nunmal das Land. Und dann setzt man seine Hoffnung in die Demokratie und denkt endlich haben die Griechen eine Chance selber was zu ändern. Und dass bei den Wahlen definitiv das Partei Syriza gewählt wird , so wie in vielen Umfragen bereits deutlich voraussehbar und dass sie dann endlich aus der EU aussteigen undundund. Aber dann…siegen die Euro-Befürworter?
Das Geld wird Spanien geliehen, damit es seine Schulden an Deutschland zahlen kann. Für die SpanierInnen ist das Geld nicht vorgesehen. Das bedeutet als erstes Einsparungen im Bildungs- und Gesundheitssektor.
Und im Alltag kommt es inzwischen nicht mehr besonders gut an, Deutsche zu sein.
Was kriegt ihr eigentlich mit in Deutschland? Die Perspektive die man durch die deutschen Medien bekommt ist scheinbar, dass doch alle selber schuld sind und Deutschland der grosse Retter ist. Was denkt ihr denn? Interessiert ihr euch dafür? Wie informiert ihr euch über dieses Thema?
Aber vielleicht ist das gut so, dass hier die Welt untergeht. Womöglich auch in Deutschland in absehbarer Zeit. Dann haben wir die Chance alle wieder bei Null anzufangen und die Karten werden neu gemischt. Wer weiß was dann passiert…das wäre wirklich spannend.
Grüße aus Spanien"
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